Selbstversuch als Fake-Bewerter  So einfach geht der Bewertungsbetrug bei Amazon

Beim Online-Shopping vertrauen viele Verbraucher auf Kundenbewertungen. Die sind oft gekauft. Unser Autor wurde zu Recherchezwecken selbst zum Fake-Bewerter – und war schockiert, wie einfach das ist.

Bewertungen sind für uns oft das wichtigste Kriterium beim Onlinekauf – bis zu 65 Prozent der Menschen entscheiden sich vor allem basierend auf den Kundenbewertungen. Gleichzeitig sind laut verschiedenen Untersuchungen circa 20 Prozent der Amazon -Bewertungen gefälscht. Die Zahl stammt aus 2017 – mittlerweile dürfte sie noch höher ausfallen. Bewertungen lassen sich kinderleicht kaufen. Nicht nur bei Amazon – für jedes Bewertungssystem am Markt gibt es Anbieter.

Doch wie läuft so etwas eigentlich ab? Um das herauszufinden, habe ich mich mal als Fake-Bewerter betätigt – und war erschrocken, was ich dabei erlebt habe.

Viele verdienen an Fake-Bewertungen mit

Im Markt der Fake-Bewertungen gibt es verschiedene Mitspieler: Agenturen, die Fake-Bewertungen als Paket an Unternehmen verkaufen; Mittler, die den Agenturen die Fake-Bewertungen verkaufen; Händler, die direkt auf die Suche nach Fake-Bewertungen gehen und natürlich die Bewertungsschreiber selbst. Alle verdienen mit, und das nicht zu knapp.

Die Agenturen und Händler rekrutieren ihre Bewertungen meist über Facebook -Gruppen oder Telegram-Kanäle. Dabei gibt es unzählige solcher Communities, die meist Begriffe wie "Amazon Produkttester" oder "Bewertung Deutschland" im Namen tragen. Allein bei Amazon finden sich Dutzende, wenn nicht Hunderte solcher Gruppen mit teilweise fünfstelligen Mitgliederzahlen.

Felix Beilharz ist Berater für Online- und Social Media Marketing. Der Kölner Digitalexperte hat in seinem 10. Buch „#FAKE“ die Welt der Internet Fakes untersucht. Egal, ob Fake Bewertungen, Fake Online Shops, Fake News oder Fake Profile im Social Web – kein Fake ist vor ihm sicher. Das Buch erscheint am 24.06.2021, weitere Infos dazu gibt es hier .

Ich habe mich bei diversen solcher Gruppen angemeldet. Meine erste Erkenntnis: Ich musste gar nichts weiter tun, die Anbieter kamen direkt via Direktnachricht (DM) auf mich zu. Bereits wenige Stunden nach meinem Eintreten in diese Gruppen hatte ich einige Dutzend DMs bei Facebook, in denen mir teilweise ebenfalls Dutzende Produkte zum Bewerten angeboten wurden. Allesamt chinesische Billig- und No-Name-Ware und das wirklich querbeet: LED-Lampen, Fitnessbänder, Küchenutensilien, Wecker, Socken, Smartphone-Hüllen, Spielzeug und unendlich viele Produkte mehr.

Auszug aus einer einschlägigen Telegram-Gruppe (Quelle: Felix Beilharz / Screenshot)

Unabhängig von diesen DMs läuft das Prinzip in den Gruppen so: Händler, Mittler oder Agenturen posten ihre Produkte (mit oder ohne direkten Link zu Amazon) in diese Gruppen. Willige Fake-Bewerter können sich entweder um einen "Produkttest" bewerben (via DM) oder direkt auf das verlinkte Amazon-Produkt zugreifen.

Die Aufgabe ist ganz einfach: Ich suche mir Produkte aus, die ich gerne bewerten würde. Ich kaufe sie bei Amazon. Nun habe ich ja einen "verifizierten Kauf" generiert und kann das Produkt glaubwürdig bewerten. Das tue ich natürlich mit 5 Sternen und ein paar Sätzen begeistertem Feedback.

Der Ablauf ist meist der gleiche. Das bewertete Produkt kann behalten, verkauft oder getauscht werden. (Quelle: Felix Beilharz / Screenshot)

Sobald die Bewertung veröffentlicht ist, schicke ich einen Screenshot meiner Kaufbestätigung sowie den Link zur Bewertung an den Anbieter in der Gruppe. Und – sofern dieser selbst kein Abzocker ist, was ich ebenfalls erlebt habe – erhalte ich mein Geld via PayPal zurück. Was ich nun mit dem gekauften Produkt mache – behalten, verkaufen, zurückschicken – ist relativ egal.

Täglich Hunderte neue Artikel in nur einer Gruppe eingestellt

Und genau das passiert bei Amazon jeden Tag. Wie oft, ist unklar. Aber ein Blick in die Gruppen und auf einschlägige Produkte legt nahe – es passiert sehr oft.

Allein die Anzahl der in diese Gruppen hochgeladenen Produkte erschlägt einen fast. In einer Telegram-Gruppe habe ich tatsächlich mal einige Tage lang gezählt: zwischen 350 und 500 Produkte werden täglich in dieser Gruppe zum Fake-Bewerten eingestellt.

So lassen sich Fake-Bewertungen erkennen oder umgehen

Auch die Anzahl und Art der Bewertungen gibt Aufschluss. Ein No-Name-Produkt, das bereits nach 3 Monaten über 1.000 Bewertungen mit insgesamt fast 5 Sternen hat? Eher unwahrscheinlich – zumal wenn der Marktführer in dem Segment nach mehreren Jahren noch nicht eine annähernd große Anzahl aufweisen kann.

Oft gibt auch ein Blick in die Profile der Bewerter ein klares Bild: fast ausschließlich 5-Sterne-Bewertungen für jede Menge bunt gemischten Kleinkram spricht recht deutlich für einen Faker.

Dafür muss man aber etwas genauer hinsehen und sich etwas Zeit nehmen. Wer das nicht will: Suchmaschinen wie ReviewMeta geben sich Mühe, die Fake-Bewertungen herauszufiltern.

Die überwiegende Anzahl an Fake-Bewertungen bei Amazon geht übrigens an No-Name-Produkte, meist aus China. Etablierte Markenprodukte sind so gut wie nicht betroffen.

Ich habe im Rahmen meiner Recherche übrigens für drei Produkte solche Fake-Bewertungen erstellt. Bei zweien erhielt ich das Geld regulär zurück, beim Dritten wurde ich offenbar vom Betrüger betrogen, er hat auf meine Nachrichten einfach nicht mehr reagiert. Ich habe alle drei Produkte zurückgeschickt, die Bewertungen wieder gelöscht und das erhaltene Geld gespendet.

Tracey is the Contributing Editor for Foodies100, Tots100, Hibs100 and Trips100. She also blogs at PackThePJs. Tracey writes mainly about family travel; from days out to road trips with her pet dogs, to cruises and long-haul tropical destinations. Her family consists of her husband Huw, a medical writer, Millie-Mae (14), Toby (12) and Izzy and Jack the spaniels